Geboren wurde er in einer kleinbürgerlichen schwarzen Familie. Auf den intelligenten Jean-Bertrand wurden die Geistlichen der Salesianer aufmerksam. Aristide ergriff die Chance, dem Analphabetismus, der Armut und der Gewalt zu entkommen. Es wurde Priester und Anhänger der Befreiungstheologie.
Am Ende der Duvalier-Diktatur während der 80er Jahre wurde Aristide berühmt. Mutig schwang er Predigten gegen die Diktatur. Mehrmals entging er knapp mehreren Attentaten. 1988 wurde er wegen "Aufstachelung zum Hass und zur Gewalt" aus dem Salesianer-Orden ausgestoßen.
Doch die Millionen von Armen ließen ihren Hoffnungsträger nicht fallen. 1990 machten sie ihn zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten. Nach nur acht Monaten im Amt wurde er vom Militär gestürzt, seine Anhänger dahingemetzelt, Tausende Haitianer flüchteten in die USA. Im US-Exil gelang es ihm, die Exil-Gemeinde, die Schwarzen-Lobby, linke Intellektuelle und Journalisten für sich zu mobilisieren. Washington hoffte, der Charismatiker möge Stabilität auf die Karibikinsel vor der Haustür bringen und intervenierten 1994 militärisch.
Aristide wurde ins Amt zurück gebracht - in weiser Voraussicht allerdings mit der Auflage, dass es sich nach Ablauf seiner Amtszeit 1996 nicht direkt wiederwählen lassen dürfe. Gegen den Willen Washingtons löste Aristide die Armee auf - und schuf sich viele im Umgang mit Waffen geschulte Feinde. Bei der nächsten Präsidentschaftswahl schickte er einen Strohmann ins Rennen und regierte hinter den Kulissen weiter. Von seiner Basis entfernte er sich zunehmend.
Er sorgte dafür, dass sämtliche Institutionen von der Polizei über das Fernsehen bis zur Justiz mit Anhängern besetzt wurden. Bei seiner Wiederwahl hatte er keinen Gegenkandidaten - die Opposition war von Aristides Schlägertrupps derart eingeschüchtert, dass sie darauf verzichtete. Zuletzt regierte der Präsident per Dekret, da die Amtszeit des Parlaments abgelaufen war.
Schwere Vorwürfe wurden gegen ihn und seine Anhänger laut: ungerechtfertigte Bereicherung, Verwicklung in den Drogenhandel, Mord an Oppositionellen.
Quelle: Haller Tagblatt, 2004-03-01
In den zehn Jahren unter der Herrschaft Aristides hat sich für die Bevölkerung nichts verbessert. Noch immer ist Haiti das ärmste Land der westlichen Hemisphäre, die Hälfte der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben, die Lebenserwartung liegt bei durchschnittlich 52 Jahren, jedes achte von 100 Kindern stirbt bei der Geburt. Haiti wurde zum Drogen-Umschlagplatz.
Quelle: Haller Tagblatt, 2004-03-01
Stand: 04-04-09 Bearbeiter: Jürgen Gierich Datei: haiti/haiti-dl.htm |